Die IKONEN der Russischen Kirche Leipzig – ein deutsch-russisches Restaurierungsprojekt



Das Objekt

 

Als deutsch-russisches Gemeinschaftsprojekt wurde St. Alexi-Gedächtniskirche zur Russischen Ehre im Jahre 1913 zum Gedenken der in der Völkerschlacht in Leipzig gefallenen russischen Soldaten errichtet. Sie gilt als wichtigster russischer Kirchenbau in Deutschland und dient bis heute als Begegnungsstätte und Gotteshaus der hiesigen orthodoxen Gemeinde. Das Kircheninnere birgt eine der größten Ikonostasen außerhalb Russlands. Diese achtzehn Meter hohe und zehn Meter breite Ikonenwand stellt in ihrer Vollständigkeit und Komplexität an ikonographischen Darstellungen, ein einzigartiges Ensemble dar. Die kulturelle und kunsthistorische Bedeutung sowie der geschichtliche Hintergrund waren ausschlaggebend dafür, dass die Kirche in die Reihe der national wertvollen Kulturdenkmäler Deutschlands aufgenommen wurde.


 

 


Das Projekt

 

Anknüpfend an die Geschichte und nach wie vor aktuelle Bedeutung der Kirche als deutsch-russische Begegnungsstätte, wurden vom 1. bis 31. Oktober 2017 sechs Restaurierungsstudenten des renommierten Surikov-Instituts der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur und ihr Dozent Alexandr Kozmin zu einem einmonatigen Studienaufenthalt nach Leipzig eingeladen. Gemeinsam mit deutschen Restauratoren und Studenten haben sie an der Konservierung und Instandsetzung der Ikonen mitgewirkt. Neben dem fachlichen Austausch stand dabei vor allem die interkulturelle Verständigung im Vordergrund. Gemeinsam an einem außergewöhnlichen Projekt zu arbeiten, sich fachlich zu ergänzen und voneinander zu lernen, bot dafür die besten Voraussetzungen


Neben der Arbeit an den Objekten bekamen die Besucher einen Monat voller abwechslungsreicher, fachbezogener Aktivitäten geboten. So gab es in der ersten Woche verschiedene Seminare zu Geschichte und Technologie der Leipziger Ikonostase sowie zu den bis dahin ausgeführten Restaurierungsarbeiten. Daneben traf auch die Einführung zur Denkmalpflegepraxis in Sachsen und Informationen zum Berufsstand der Restauratoren und Restauratorinnen in Deutschland auf reges Interesse. Dem Leipziger Unternehmen für Bauvermessung und Photogrammetrie Fokus, verdanken wir eine Vorstellung des Dokumentationsprogrammes Metigo, welches ebenfalls bei diesem Projekt seine Verwendung fand.

 

Kleinere Exkursionen vor Ort führten die Studenten u. a. in die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig sowie in das Paulinum, die neuerrichtete Aula und Universitätskirche St. Pauli. Im Ägyptischen Museum der Universität gab es außerdem eine Führung zum Schwerpunkt hausinterner Maßnahmen der Konservierung und Restaurierung.
Ein Tagesausflug nach Dresden führte Gastgeber und Gäste zunächst an die Hochschule für Bildende Künste, der Ausbildungsstätte für Restauratoren und Restauratorinnen in Sachsen.

Die nächste Station war das Landesamt für Denkmalpflege. Nach der herzlichen Begrüßung durch die Leiterin des Amtes Frau Prof. Dr. Pohlack zeigte uns die Leiterin der Restaurierungsabteilung Frau Kelm die Werkstätten. Danach hatten wir die Möglichkeit die Restaurierungswerkstätten der Dresdner Gemäldegalerie zu besuchen. Dabei stellte Herr Dr. Schölzel einige interessante aktuelle Projekte vor. Vor der Rückfahrt besuchte man auch die Russische Kirche und das Dostojewski-Denkmal in Dresden. Wir danken an dieser Stelle dem Vorsitzenden des Deutsch-Russischen Kulturinstitutes e.V. Herrn Dr. Schälike für die Begleitung und vor allem für die Übersetzungsarbeit.

 

Auch kulinarisch wurde sich deutsch-russisch verständigt. Hierfür haben die Kunstretter die Gäste an einem Abend eingeladen und bekocht. Diese revanchierten sich im Gegenzug mit typisch russischen Spezereien.

 

Krönender Abschluss des Projekts und zugleich ein bewegender Moment für alle Beteiligten, war das Konzert des Chores der Russischen Gedächtniskirche am 29. Oktober in Leipzig, unter Anwesenheit des Generalkonsuls Andrej Yurevich Dronov.

 

Das gesamte Projekt wurde von Peter Barczewski für einen Dokumentarfilm begleitet und konnte bereits eine Woche nach Ende des Projekts auf der Denkmalmesse in Moskau, der internationalen Fachmesse für Restaurierung, Denkmalschutz und Museumstechnik, präsentiert werden.

 

Die Restaurierung

Besonders gespannt waren die deutschen Restauratoren auf die Restaurierungsansätze ihrer russischen Kollegen. Und wie sich herausstellte, unterschieden diese sich im Grundsatz nicht sonderlich. So gibt es in beiden Ländern einen großen Facettenreichtum an unterschiedlichen Herangehensweisen. Hier wie dort werden althergebrachte und innovative Restaurierungskonzepte intensiv diskutiert und schließlich unter Berücksichtigung der jeweiligen finanziellen und zeitlichen Rahmenbedingungen ausgewählt.
Und wie überall in der Welt hängt auch in Russland die Lage der Kultur - insbesondere die der Denkmalpflege - von der Gewichtung dieser Themen in der Politik ab.

Hauptaufgabe des Praxisseminars in Leipzig war die Retusche der Ikonen der vierten bis siebten Reihe der Ikonostase. In Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der unteren Denkmalschutzbehörde, wurde ein Konzept erstellt, welches eine Integration der bestehenden Fehlstellen und älteren Retuschen beinhaltete.
Einer erfolgreichen und verantwortungsvollen Erhaltung von Objekten gehen immer auch die Hinnahme und der Respekt jener Veränderungen voraus, denen Kunstwerke im Laufe ihrer Existenz unterliegen.
Mit Blick auf die 105-jährige Geschichte der Ikonen entschloss man sich somit, lediglich die am meisten störenden Veränderungen zu retuschieren und gegebenenfalls eine Überretusche zu integrieren.  Auch diese Herangehensweise war unseren Gästen durchaus bekannt. Neu war ihnen dagegen die von uns vorgeschlagene Kombination aus traditionellen Pigmenten, die jedoch in einem Kunstharz gebunden wurden. Anhand von Objekt-Dummies konnten sich die Studenten dazu erst einmal einarbeiten, bevor es dann an die originalen Kunstwerke ging.

 


 


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