Ikonenkopie mit Messmarken
Kopie der Ikone "Letztes Abendmahl" aus der Russischen Gedächnitskirche Leipzig (N. Sharova, Moskau 2020) mit Messmarken zur 3D-Vermessung. Original von N. S. Emeljanov (1912). Bildrechte bei ISD/TU-Dresden.

Virtuelle Experimente für Kunstwerke - VirtEx

 

Kunstwerke haben stets mehr „Funktionen“ als sie auf den ersten Blick preisgeben.

Und so waren und sind die Ikonen der Russischen Gedächtniskirche in Leipzig Verbindungsglied zwischen Studierenden und Restaurator:Innen aus Russland und Deutschland. Ausgangspunkt war deren Restaurierung im Jahr 2017. An das Projekt anknüpfend entstand eine Kooperation mit der Technischen Universität Dresden. Das dortige Institut für Statik und Dynamik der Tragwerke beschäftigt sich mit Fragen der „Präventiven Konservierung“ aus ingenieur-wissenschaftlicher Sicht. Dabei werden Modelle und Simulationsverfahren erarbeitet, um Auswirkungen von Belastungen auf Kunstwerke vorherzusehen (Link).

 

Zwischen Mai 2019 und Dezember 2021 widmete sich das Projekt „Virtuelle Experimente an Kunstwerken – VirtEx“ intensiv einer Ikone aus der Russischen Gedächtniskirche in Leipzig. In enger Zusammenarbeit mit Moskauer Institutionen, dem Surikov-Institut und dem Rubljev-Museum, wurde die Abendmahlsszene kopiert. Dabei entstanden eine exakte Kopie und drei technologische Repliken. Die Repliken wurden in einer Klimakammer getestet und ausgiebig vermessen. Anschließend wurden diese Daten mit optimierten Computersimulationen abgeglichen.

 

KUNSTRETTER stellte für das Projekt sein Netzwerk und Know How zur Verfügung. Der Verein verantwortete und betreute die Herstellung der Kopie und Repliken. Vereinsmitglieder stellten die Tafeln her und wurden von den russischen Partner:Innen, Alexander Kozmin, Galina Maximova ( Surikov Institut) sowie Zhanna Belik und Olga Trufanova (Rubljev-Museum) beraten. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit erstellte die Studentin Natalja Sharova in Moskau anschließend die historisch und kunsttechnologisch exakte Kopie auf einer der neu angefertigten Tafeln. Mit der Anfertigung der Kopie und der damit verbundenen Publikation in der Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung trug das Projekt somit auch zur Erhaltung des Immateriellen Kulturgutes, nämlich der hochkomplexen künstlerischen und handwerklichen Fertigkeiten bei der Herstellung von Ikonen, bei.

 

Durch dieses Projekt erfüllte der Verein KUNSTRETTER sein erklärtes Ziel: die Reintegration von Kunstwerken. Dies geschah in diesem Fall durch die Erweiterung der „Aufgaben“ von Kunstwerken auf das Gebiet der Naturwissenschaften. Die Kunstwerke "dienen" in diesem Fall der Grundlagenforschung im Bereich der

Ingenieurwissenschaften. Wobei durch die Anwendung dieser Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der präventiven Konservierung die Kulturgüter unmittelbaren Nutzen ziehen.

 

Selbstredend dienen solche internationalen, kulturellen und wissenschaftlichen Projekte der Völkerverständigung und sind somit langfristig dem Frieden und der Kulturguterhaltung dienlich. Es ist traurige Tatsache, dass die größte Zerstörung von Kulturgut letztlich in Kriegen passiert. Damit gewinnen, besonders vor dem Hintergrund des Angriffskrieges auf die Ukraine durch die Russische Armee und der zunehmenden Spannungen auf der gesamten Welt, alle Bemühungen um Verständigung und Kooperation an Bedeutung.